Bach mit Samba

Gitarrist Baden Powell 63-jährig verstorben

- Text und Foto von Hans Kumpf -


 

RIO DE JANEIRO. In der avancierten Folklore als auch im Jazz hatte er einen klingenden Namen: Baden Powell. Der nach dem englischen Boy-Scouts-Gründer benannte Brasilianer de Aquino tat sich nicht nur als exzellenter Gitarrist hervor, sondern auch als Komponist: Mit seinen Stücken "Samba Triste", "Consolacao" und "Berimbau" wurde er weltberühmt.

Am 26. September 2000 verstarb der Saitenkünstler in Rio de Janeiro, wo er bereits seit August auf einer Intensivstation lag. Als Todesursache des Diabetikers gaben die behandelnden Ärzte Lungenentzündung und Leberversagen an.

Baden Powell ging zwar von der Samba aus, verband diese mit Elementen vom Cool Jazz, was dann den Bossa Nova ergab. Zudem bekannte er sich mit stilisierten Flamencos zur iberischen Gitarren-Tradition - und zauberte in seinen Konzerten und auf seinen Platten auch mit indischen und russischen Klängen. Wahrhaft eine Universalität und eine Weltmusik.

Dies alles vollführte er in großer musikalischer Homogenität, das Virtuose wurde nicht zum Selbstzweck. eine Meisterschaft drückte sich darin aus, in ruhigeren Balladen lange Spannungsbögen zu ziehen. Die "Tristezza" war tonangebend, doch das rhythmische Moment wurde trotzdem stark - aber nicht übertrieben - akzentuiert. So gestaltete er mit viel Dramatik "Manha Da Carneval" aus dem Film "Orfeo Negro".

Repetierende Basstöne im Orgelpunkt gebrauchte er oft, um darüber Akkord-Rhythmen zu platzieren. "Vollgriffig" interpretierte er gerne den Carlos-Jobim-Hit "Girl From Ipanema". Ganz auf begleitendes "finger picking" zurück geschraubt war sein Spiel, wenn er dazu sang. Freilich: als profunden Vokalisten konnte man Baden Powell de Aquino nicht: zu sehr mangelte es seiner zarten (und damit für die Samba adäquaten) Tenorstimme an Intonationsreinheit und Beherrschung des tieferen Registers. 

Eine besondere Liebe hegte Baden Powell zur europäischen Barockmusik. Bach'sche Akkordbrechungen nach dem Strickmuster des C-Dur-Präludiums verwendete er vielfach, und inbrünstig zelebrierte er auch mal einen Choral des Thomaskantors. "Jesus bleibet meine Freude" aus der Kantate BWV 147 brachte er in abgewandelter Form, wobei er eine direkte Verbindung von Bach zur Samba herstellte.

(c) Hans Kumpf 2000

 


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